Die Auskühl- beziehungsweise Aufheizdauer von (mehrschichtigen) Außenbauteilen wird im Standard der BRD nicht berücksichtigt. Im österreichischen Standard "Önorm 8110" wird die speicherwirksame Bauwerksmasse definiert und berechnet. [4] (Ob sie noch gültig ist, wurde nicht geprüft.) Der Rechenwert (siehe unten) für die Auskühlzeit wird mit z gekennzeichnet. Man berechnet ihn, indem man die Wärmespeicherungszahl W in [kJ/m2K] des Bauteils durch seinen um das 3,6-fache vergrößerten U-Wert teilt. Sie gibt in Stunden an, "wie lange es bei konstantem Wärmeentzug dauert", bis ein Bauteil in allen Schichten auf dasselbe Temperaturniveau ausgekühlt ist (beziehungsweise bis es bei konstanter Wärmezufuhr ein konstantes Temperaturgefälle erreicht hat). "Wird die Warmseite des Querschnitts thermisch abgedeckt und auf diese Weise der Wärmenachschub verhindert, stellt sich kein konstanter Wärmeentzug sondern ein einseitig - degressiver Verlust an Querschnittswärme durch Abfluss 'nach außen' ein. Nach Ablauf der berechneten Auskühlkennzeit z [h] ist dann im Querschnitt noch ein Restwärmeinhalt von [1 / e] = 36.8% der ursprünglichen Wärmemenge enthalten." [5]
"Die Eindringtiefe ist von der Periodenlänge T der Temperaturschwankung abhängig. Kurzzeitige Temperaturstörungen dringen somit weniger tief in den Baustoff ein als langzeitige. Die Eindringtiefe δ ist diejenige Tiefe in einem halbunendlichen Baustoff, bei der die Temperaturschwankung auf 1/e des Wertes der Oberflächentemperatur abgesunken ist." [7]
In Räumen mit Außenmauern ist das Wohnklima um so angenehmer, je größer die Auskühlkennzeiten der Außenmauern sind. Werte von mehr als 120 Stunden für z gelten als sehr gut. Der untere Grenzwert für Außenmauern von Wohnräumen ist z = 36 Stunden. Eine ungedämmte, 30 cm dicke Kiesbetonwand käme deshalb auch als Außenwand für einen Wohnraum gar nicht in Frage; für sie gilt z = 20 h.
Bei einer vierschichtigen, außen gedämmten Leichtziegelwand liegt eine Wärmespeicherungszahl von z = 198,41 h vor. Sie ist also besonders gut als Außenwand eines Wohnraums geeignet. Bei Innendämmung derselben Wand kommt man mit z = 88,13 h auf eine viel schlechtere Auskühlkennzeit. [1]
Bei mehrschichtigen Wänden hängt die Auskühlzeit entscheidend von der Lage der Dämmschicht ab. So hemmt eine innenseitige Dämmschicht die Aufladung und Abgabe von Wärme, wohingegen eine schwere Innenschale mit außenseitiger Dämmung eine lange Auskühlzeit ergibt.[3] In der Praxis treten Temperaturamplituden auf. Mit einer größeren Wärmespeicherzahl der Konstruktion wird ein "starkes" Aufheizen (Barackenklima) der Wände und Dächer verhindern.
Im ersten Bild werden die Temperaturschwankungen (nach Zürcher) dargestellt. Da aber keine stationären Prozesse vorliegen, liegt auch eine umgekehrt gerichtete Temperaturschwankung vor. (Grafisch lässt sich dies nur sehr schwer darstellen.) Besonders deutlich tritt dies gerade im Winter bei Sonnenschein (Südfassade) und bei der nächtlichen Absenkung der Raumtemperatur auf. Im Wandquerschnitt befindet sich die niedrigste Temperatur. Die Wärmeflüsse sind von beiden Oberflächen aus nach innen gerichtet.
Bei der nachfolgenden Betrachtung und Berechnung geht man von konstanten Bedingungen aus, welche es in der Praxis nicht vorliegen. Es wird nur die Konstruktion betrachtet, aber nicht die äußeren Einflüsse, wie der Wärmeübergangskoeffizient bei Konvektion oder die Überschattung, Standorte usw. Die Berechnung berücksichtigt diese Einflüsse nicht und kann daher nur als "Annahme" unter idealen Bedingungen betrachtet werden.
Im folgenden Bild wird die Temperaturschwankung in Abhängigkeit von der Masse des Baustoffs dargestellt.
[2]StB = Stahlbeton; LZB = Leichtzuschlagbeton; GSB = Gasbeton
Diese Gegenüberstellung zeigt, dass massive Bauteilschichten eine doppelt so lange Auskühlzeit haben als die Mineralfaserschicht mit R=2,65 m2 K/W. Besonders soll auf den Gasbeton hingewiesen werden, der die längste Auskühlzeit zeigt aber eine deutlich geringere Wärmespeicherzahl im Vergleich zum Schwerbeton hat. Dies dürfte auf den verhältnismäßig kleinen Wärmeleitwert zurückzuführen sein.
Die Masse allein ist kein Kriterium der Wärmespeicherfähigkeit, die nur für Stoffe ähnlicher Art aber nicht für unterschiedliche Baustoffe gilt.
Zum Beispiel kühlt ein Blechdach mit 17,5 kg/m2 in 4 Sekunden, ein Holzdach mit 18 kg/m2 in 93 Minuten und ein Stahlbetondach mit 120 kg/m2 in 110 Minuten aus.
In einer weiteren Gegenüberstellung wird die Auskühlzeit von HWL-Platten und andere Dämmstoffe verglichen. Die Holzdämmstoffe zeigen hierbei eine deutlich Überlegenheit. [3]
Die Berechnung erfolgt mit der Ermittlung des Wärmespeicherwertes W eines Außenbauteils. "Es gibt an, welche Wärmemenge im Beharrungszustand in dem auf die Flächeneinheit bezogenem Bauteil gespeichert wird, wenn die Temperaturdifferenz 1 K beträgt." [3]
Beispiel: Vollziegelwand mit Putz, s = 40 cm, ρ=1800 kg/m3, c = 0,92 KJ/kgK, λ = 0,81 W/mK, R = 0,49 m2K/W, u = 1,50 W/m2K
W = s * ρ * c * u ( 1/αa + s/2 * λ) [kJ/m2K]
=0,40 * 1800 * 0,92 * 1,50 (0,04 + 0,40/[2 * 0,81])
= 285,08 kJ/m2K.
z = W/u
= 285,08 kJ/m2K/1,5 W/m2K
(Einheit kJ/m2K in kW . s/m2K umschreiben.)
= 190050 s = 53 h.
Die Auskühlzeit für eine Vollziegelwand beträgt 53 Stunden.
Bei einer zweischichtigen Wand wird die Schicht von außen nach innen berechnet. Schicht 1 ist außen.
Für mehrschichtige Bauteile gilt folgende Beziehung:
Für C = s * ρ * c (für s gilt heute d)
für R = s/λ [3,4]
Hier muss aber erwähnt werden, dass die Feuchte im Wandquerschnitt bei der Berechnung nicht berücksichtigt wird. Sie wirkt sich einmal auf den λ-Wert aus und beeinflusst das Wärmespeichervermögen. Zum Beispiel hat feuchter Sand die spezifische Wärmekapazität von c = 2,1 kJ/kgK λ = 1,1 W/mK gegenüber trockenem mit c = 0,8 kJ/kgK und λ = 0,33 W/mK. Eine Berechnung kann daher nur einen idealen trockenen Zustand der Konstruktion darstellen. [6]
Zwei praktische Beispiele aus Kiew. Die nachfolgenden älteren Häuser mit ca. 50 cm Ziegelmauerwerk werden von den Bewohnern im Winter als warm und im Sommer als angenehm kühl empfunden. Dagegen klagen die Bewohner in diesen neuen Wohnhochhäusern mit einer Fassadendämmung in den oberen Stockwerken, dass sie im Sommer keine Luft mehr bekommen, da ein überhitztes Wohnklima vorliegt.
Die einzelnen Werte können der Stoffwerttabelle entnommen werden.
Literatur:
[1] Kur, Friedrich; Wohngifte, Handbuch für gesundes Bauen und Einrichtungen, 3. Aufl. Verlag Eichborn, 1993, S. 532
[2] König, Holger; Das Dachgeschoß, Ökobuch 1996, S. 50
[3] Eichler, Friedrich; Arndt, Horst; Bautechnischer Wärme- und Feuchtigkeitsschutz 1989; Bauverlag Berlin, S. 174
[4] Arndt, Horst; Wärme- und Feuchteschutz in der Praxis 1996; Verlag für das Bauwesen, S. 128
[5] Hinweis von Herrn Bangerter, Weder + Bangerter AG, Ingenieure und Bauphysiker, sowie weitere Informationen zum Thema unter der Website https://www.cellularglassengineering.com
[6] Meyer, Günter; Schiffner, Erich; Technische Thermodynamik, 2. Aufl., 1983, Fachbuchverlag Leipzig, Tafelwerte, S. 350ff
[7] Zürcher, Christoph, Frank, Thomas; Bauphysik Bauen und Energie, 2. Aufl. 2004, vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, S. 40
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