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Technische Wertminderung durch biologische Schäden in Gebäuden

Myzel des Kellerschwamms
Myzel vom Braunen Kellerschwamm (Coniophora puteana)

Künftig sind nicht nur herkömmliche Bauschäden/ Nutzungseinschränkungen bei der Gebäudebewertung zu berücksichtigen, sondern zunehmend auch solche, die von Insekten, Pilzen, Algen, Bakterien und deren Bekämpfungsmittel verursacht werden.

Wertminderung

Biologische Schäden lassen sich in der Regel erkennen. Allerdings ist die Abschätzung über den Schadensumfang und die -art zum Teil sehr kompliziert. Es gibt kaum ein Schadensfall, der sich mit einem anderen vollständig deckt. Jede Bestimmung eines Insekten- oder Pilzbefall bedarf einer genauen Untersuchung des jeweiligen Standortes. Es ergeben sich so auch Unterschiede in der Sanierungsform und damit auch andere Kosten, die in vielen Fällen erst nach Freilegung des Schadensbereiches genau bestimmbar sind. Eine schematische oder statistische Aufschlüsselung von Schäden an Holzkonstruktionen ist unzweckmäßig, da nur mit einer richtigen Beurteilung ein annähernd objektives Bild entsteht. So beurteilen Ausführungsfirmen und Sachverständige (Holzschutz) den Schaden ganz anders als der Betroffene selbst. Ganz wichtig ist bei der Grundstücksbewertung auch die frühere Nutzung der Gebäude oder -teile zu erfassen (siehe Gebäudegelegenheitsschädlinge). Bei der Verkehrswertermittlung könnte die "Wertermittlung unter Berücksichtigung von Baumängeln und Bauschäden" ergänzt durch "Wertminderung und Instandsetzungsrückstellung" von Vogels dienen. Für die Kostenbestimmung (Wert V88 § 24) ist neben der Berücksichtigung der Schadens- auch die Ursachenbehebung aufzunehmen. Weiterhin sollte beachtet werden, dass ein aktiver holzzerstörender Pilz ständig wächst. Der Kellerschwamm hat einen Zuwachs von > 8 cm/Tag!

Vergessen wird bei Sanierungsarbeiten im Altbaubereich, dass Deckenbalken tragende Bauteile sind, wo auch ohne eine sichtbare Schädigung bereits eine Abminderung ihrer Tragfähigkeit zu berücksichtigen ist. Dies wird recht gut von Herrn Mönck dargestellt. Dies ist gerade bei einer Umnutzung zu beachten, wie zum Beispiel beim Dachausbau. Gerade bei der heutigen Sanierung und auch beim Neubau werden sehr viele konstruktive Fehler eingebaut, die optisch nicht sichtbar aber um so wirkungsvoller sind. Neben der Schaffung von Wärmebrücken wird zum Beispiel die Lüftung der Dielung verschlossen, indem man die Fußbodenleisten entfernt und dicht schließenden Fußbodenbelag/ -platten aufbringt oder wie in Lahr die Dielen einer Erdgeschosswohnung eingemauert wurden. Die Folgen sind holzzerstörende Insekten und Pilze, da die Feuchtigkeit nicht entweichen kann. In den Satteldächern werden die Sparren, Pfetten, Stiele und Kopfbäder ständig mit Luft umspült und sind so auch kontrollierbar. Durch andere wirtschaftliche Nutzung werden diese Räume ausgebaut. Die in der V DIN 4108 Teil 7 vorgesehenen Lösungen zur Herstellung der Fugendichtheit ist theoretisch lösbar, aber in der Praxis sehr abweichend. Flankenübertragung, ungünstige Baustoffauswahl und weniger gut qualifiziertes Ausführungspersonal schaffen die besten Biotope zwischen den Dachsparren. Bei dem gerade einmal einjährigen Einfamilienhaus in Holzhausen, das begutachtet wurde, hätte ein Badeschwamm kaum noch mehr Wasser aufnehmen können, wie die Mineralwolle, welche als Dämmung vorgesehen war.

Davon abgesehen, dass bereits 1 % Feuchtigkeitsaufnahme die Dämmwirkung der Mineralwolle auf ca. 50 % reduziert. Bemängelt wurde eigentlich nur der hohe Heizenergiebedarf und der Schimmel auf der Dielung im Spitzboden. Zur Lösung des Problems müsste die ausgebaute Dachgeschosswohnung zurück gebaut werden. Demgegenüber steht die mögliche vollständige Zerstörung des Dachstuhls durch holzzerstörende Insekten und Pilze trotz "gegrünter" Sparren. Ein ähnliches Problem ist die mangelnde Winddichtheit, die zum Beispiel an Blockhäuser oder Fertigteilhäuser auftreten kann. Optisch ist nur eine kleine Durchfeuchtung erkennbar, aber im Inneren kann bereits ein holzzerstörender Pilzbefall vorliegen. In einem anderen Fall, bat mich ein Kaufinteressent eine zu ersteigernde Villa anzusehen. Im Verkehrswertgutachten wurde zwar ein Insektenbefall genannt. Aber der Hausbock hatte ein ¼ der Sparren incl. Fußschwelle und Stiele im sichtbaren Bereich stark geschädigt. Der größte Teil des Daches ist verkleidet. Ein Austausch ist erforderlich. Ein geschätzter Sanierungsaufwand von ca. 20 TDM. Der Hausschwamm im Keller über mehrere Quadratmeter wurde auch nicht benannt. Das Myzel im Mauerwerk und auf den Holzregalen wurde nicht erkannt. Hier wird das Problem deutlich, dass man nur mit hoher Fachkompetenz eine Beurteilung fällen kann.

Die Verkehrswertermittlung ist eine Schätzung und für einen Außenstehenden nicht im Detail nachvollziehbar. Mängel lassen sich dagegen erfassen und wenn es um viel Geld geht, will man auch eine Aussage. Berücksichtigt man dies jedoch nicht, so zieht diese Unterlassung jedoch Rechtsfolgen nach sich und kann als vorsätzlich gewertet werden, vgl. BGB § 826. "Wer in einer die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet". Längst wurde auf dem Rechtsweg ein Sachverständiger für Grundstückswertermittlung zu 90 TDM Schadensersatz verurteilt, da in seinem Gutachten das Vorhandensein von Hausbockschäden fehlte und auch sonst diese Tatsache verschwiegen wurde, ob wohl diese bekannt waren. In einem analogen Prozess geht es um nicht beachtete gesundheitsschädigende HSM-Alteinträge mit weit höherem Wertumfang.

Ist das Gebäude trocken, sauber und sind keine Durchfeuchtungen erkennbar, so kann man in der Regel davon ausgehen, dass keine bzw. nur geringe Schäden vorhanden sind. Diese werden ausreichend in der altersbedingten Wertminderung (Wert V88 § 23) berücksichtigt. Ist man sich hier nicht sicher, so sollte dies im Verkehrswertgutachten aufgeführt werden. Dem Auftraggeber obliegt es dann selbst einen entsprechenden Holzschutzfachmann hinzu zuziehen. [Anmerkung: Dieser sollte aber selbst die Sanierung nicht ausführen.]

Ein wesentlich komplizierteres Problem ist die Überempfindlichkeit gegenüber Umweltschadstoffe. Eingebrachte Holzschutzmittel lassen sich sicherlich noch durch Kennzeichnung oder durch Einsichtnahme in Bauakten ermitteln. (Selbstverständlich geht auch ein Nachweis.) Es gehören aber auch Schädlingsbekämpfungsmittel, verpilzte Luftbefeuchter, Sporen, Blumen, Katzenhaare, Hausstaubmilben, Legionellen usw. dazu. Nicht der Messwert, sondern die individuelle Interpretation sind entscheidend. So kann ein Betroffener auf winzige Spuren völlig anders reagieren als die Mehrzahl der Bevölkerung. Genau der Eine kann diese Immobilie nicht bewohnen. Für ihn ist diese "wertlos". Diese Probleme dürften immer mehr auftreten.

In einem Fall haben 4 Gutachter vor mir mit unterschiedlichen Ergebnissen die Raumluft überprüft und leider keine sinnvolle Lösung aufgezeigt. Der Eigentümer hat alle Fußöden erneuert, die Wände und Decken mit Holz vertäfelt. Eigentlich eine Wertsteigerung aber man kann darin nicht mehr wohnen (Augenreizung, Hautausschlag, Atembeschwerden usw.). Für die Eigentümer ist die Nutzung stark eingeschränkt und damit "wertloser". Es wurden 12 mögliche Ursachen gefunden, wobei sich einige gar nicht abstellen lassen.

Es spielen auch noch andere Kriterien eine Rolle. So lässt sich der ostdeutsche Mieter aus der Sicht des Gesunden Wohnens noch relativ viel gefallen, wie zum Beispiel Schimmelpilzbildung. Dagegen sind die Mieter in den Altländern wesentlich gesundheitsorientierter. Dies hängt aber auch von der größeren Kaufkraft ab, wo dann auch in die Gesundheit mehr investiert wird. Die sogenannten Ökohäuser sollte man auch nicht überbewerten. Organische Baustoffe, wie Baumwolle, Papier, Schafwolle u. a. müssen durch Insektizide/Fungizide vor Insekten- und Pilzbefall und teilweise auch mit Flammenschutzmittel geschützt werden. Erfolgt dies nicht, erlebt man wie in München in einer naturgedämmten Fassade eine regelrechte Mottenplage. Ein Gebäude in Toplage verliert seinen Wohnwert und oder seine Wirtschaftlichkeit, wenn die Nutzer zusätzlich erkranken oder sich nicht wohl fühlen. Bereits 1 % höheren Krankenstand oder allein eine geminderte Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter bedeuten für das Unternehmen einen wirtschaftlichen Verlust. Ein Nachweis ist nur bedingt möglich.

Für die Bewertung dieser Kriterien ist ein Verkehrswertgutachter in der Regel vollständig überfordert. Man kann dies unter sonstige wertbeeinflussende Umstände (Wert V88 §25) berücksichtigen. Diese Wertgröße lässt jedoch nur eine subjektive Beurteilung zu. Viele der o. g. Probleme sind bekannt, können zurzeit aber jedoch noch nicht reproduziert werden. Hier fehlen noch hinreichende wissenschaftliche Erkenntnisse. Sicherlich könnte man in naher Zukunft ein Bewertungsschema als Hilfsgrundlage entwickeln und eingebrachte Schadstoffe als Mangel behandeln. Als Anhaltspunkt könnte man sich vorerst wie beim Vorhandensein von Schimmelpilz orientieren. Durch das Landesgericht Hannover WM 82, 183 wurde eine 10 % Mietminderung entschieden. Bei Schimmelpilzbildung und muffigem Geruch in Bad, Küche und Schlafzimmer, auch wenn die Schäden durch das Verhalten des Mieters mit beeinflusst worden sind. Silberfische (20-25) in der Wohnung bedeuten eine Mietminderung von 20 %, AG Lahnstein WM 88, 55. [Anmerkung: Schimmelpilz stellt sicherlich ein größeres gesundheitliches Problem dar.]

Überhöhte Formaldehyd-Konzentration in 2 wichtigen Zimmern (Schlaf- und Kinderzimmer) bewirken 56 % Mietminderung und das Recht zur fristlosen Kündigung, AG KÖLN WM 87, 120. Der Mieter kann fristlos kündigen (§ 544 BGB), wenn die Wohnung wegen des Fehlers oder Mangels sich in einem Zustand befindet, der die Gesundheit des Mieters gefährdet. Es reicht, wenn die Gesundheit bedroht ist, ein Schaden, z. B. Krankheit, möglich und naheliegend ist. Diese mögliche Mietminderung kann bei der Ermittlung des Ertragswertes entsprechend berücksichtigt werden könnte.


Veröffentlicht in Grundstücksmarkt und Grundstückswert Heft 1 2001 S. 28-33; "Technische Wertminderung durch biologische Schäden in Gebäuden und an deren Bauteile"
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