Der Begriff Baubiologie wird seit einigen Jahren verstärkt hervorgehoben. Sie ist die Lehre von den ganzheitlichen Beziehungen zwischen Lebewesen und Bauwerk sowie der Umwelt. Gesunde Bauweisen fanden bereits seit Jahrtausenden Anwendung, z.B. Strohlehmbau, Holzbauten, Kachelofen u. a. Erst in den letzten Jahren kamen immer mehr künstliche Baustoffe zur Anwendung. Viele sind in ihrer Langzeitwirkung auf den Menschen unbekannt. Hier sollen beispielsweise Fluorkohlenwasserstoffe, Stickstoffverbindungen, Formaldehyde und Dioxin genannt werden. Die moderne Arbeitswissenschaft untersucht die Arbeitsplätze nach Lärm, Staub-, Strahlenbelastung u.a. mit dem Zweck der Gesunderhaltung und Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Arbeitskraft. Nur die Wohnumwelt wurde aus der Sicht der gesunden Gestaltung vernachlässigt. Es werden laufend neuartige Baustoffe, Einrichtungsgegenstände usw. auf den Markt gebracht, die zwar nach technisch-physikalischen Eigenschaften geprüft und zugelassen sein müssen, keineswegs jedoch nach den wesentlich wichtigeren biologischen Qualitäten. (Der Mensch wird als Versuchsobjekt mißbraucht.)
Schnelle Durchführbarkeit und Funktionalität sind Auswahlkriterien und nicht die feinstofflichen Wirkungen oder gar die lebensfördernden Qualitäten von Baustoffen. Es kann also nicht gleichgültig sein, wie seine "Dritte Haut" gestaltet ist. Ca. 50 verschiedene Größen wirken auf das Wärmeenergieverhalten eines Gebäudes, davon sind aber nur 35 erfaßbar. Hier läßt sich erkennen, daß die scheinbar einfachen Werte in der neuen Wärmeschutzverordnung einen großen Spielraum zulassen. Wie kompliziert sind dann erst die physikalischen, physikalisch-chemischen und biologischen Prozesse in der Wohnumwelt zu bewerten, die nahezu unbekannt und nur selten wissenschaftlich nachweisbar sind. so betragen die Gehimströme des Menschen 0,001 nT (Tesla) und die des Telefonhörers 500.000 nT, die Nervenfasern werden mit Stromstößen im Mikrovoltbereich 1gV=10-6Volt verbunden, dazu der Vergleich unserer technischen Umwelt. Diese Gegenüberstellung soll zeigen, wie empfindlich der Mensch eigentlich ist. Langfristige Belastungen sollten daher vermieden werden. Werden geopathologische Störzonen, wie unterirdische Wasserläufe, geologische Brücken, Verwerfungen und Lagerstätten von bestimmten Gesteinen festgestellt, äußerlich erkennbar am Drehwuchs, Krebsgeschwulste an Bäumen u.a., so sollten auf solchen Störstellen keine Schlafplätze geplant werden, da eine krankmachende Wirkung nicht ausgeschlossen ist. Meine frühere Mitarbeit bei der Züchtung von Mikroorganismen im Labor oder in der Produktionsanlage zeigte, daß bereits geringe Abweichungen bestimmter Parameter das Wachstum einschränkten oder sogar für das Absterben der Kultur verantwortlich waren.
Genauso wirkt sich dies auf das Wohlbefinden des Menschen aus. Niemand kann mit verbindlicher Sicherheit festlegen, ab welchen Grenzwerten der Strahlen-, Staub oder toxischen Belastung sich keine gesundheitliche Auswirkung auch auf die künftigen Generationen hat. Der Mensch ist und bleibt ein Bestandteil aus der Natur mit einem sehr kleinen Lebensspektrum, in dem er lebensfähig ist. Andererseits drängt er nach immer neuen Kenntnissen. So führt der Weg zu neuen Energiequellen und Absicherung der Existenz der Menschheit über die Beherrschung der Atomkraft. Diese darf nicht abgelehnt, jedoch vernünftig angewendet werden. Dazu dienen ausgereifte Technologien, wo ungünstige Auswirkungen auf die Natur minimiert werden. In diesem komplizierten Prozeß nimmt die Baubiologie einen wichtigen Platz ein. Wenn wir unser Leben zu über 90 % in der künstlich geschaffen Arbeits- und Wohnumwelt zubringen, dann ist es nicht gleichgültig, wie die Wände, Decken und Einrichtung beschaffen sind.
Warum plant man nicht so, daß Wohn-, Arbeits-, Bildungs- und Erholungsorte miteinander harmonieren? Die Naturwissenschaft (besonders die Biologie und Verhaltensforschung) hat erkannt, daß jedes Lebewesen ein Produkt seiner Umgebung ist, von der näheren (Haus, Landschaft) und weiteren (Klima, Atmosphäre, Kosmos) Umwelt geprägt. Die schwerwiegenden Siedlungsprobleme ließen sich durch entsprechende menschenfreundliche Maßnahmen lösen. Es geht um den Menschen, der ein Naturrecht darauf hat, ein Stück seines Heimatlandes als Bau- und Gartenland zu besitzen.
Die Baubiologie ist somit ein wichtiger Bestandteil bei der Durchsetzung einer modernen arbeitsorganisatorischen Gestaltung, die auch den Wohn- und Freizeitbereich einschließt. Die heutige Arbeits- und Wohnumwelt muß in seiner Gesamtheit in der Wechselbeziehung zwischen ökologischem und ökonomischem System betrachtet werden. Als Beispiel soll im nachfolgenden Bild eine Gegenüberstellung eines Bio-Hauses und konventionellen Hauses erfolgen.
Auch im Gewerbehau bringt das ökologische Bauen nicht nur Prestige, sondern ist langfristig auch rentabel. Funktionalität und Ästhetik inbegriffen. So werden heute Produktionshallen und Verwaltungsbauten immer mehr auch zu Prestigeobjekten, die das Bekenntnis zum Umweltschutz widerspiegeln sollen. Dazu dienen auch Detaillösungen, wie z. B. die Toiletten im Bremer Automobilwerk werden mit Abwasser aus der Produktion gespült oder der Möbelhersteller Wilkhahn in Eimbeckhausen lädt seine Gabelstapler mit Strom aus Solarzellen. Natürliche Materialien verwendet die Staatliche Mineralbrunnen GmbH in Bad Brückenau, wo Kork, Holz, Sandstein, Linoleum, Farben ohne Lösungsmittel verwendet wurden. Für ein ausgeglichenes Raumklima sorgen Pflanzen im Innenbereich, an der Außenwand und auf dem Dach. So kommt der Frankfurter Gewerbehof "Arche" ohne Klimaanlage aus oder das baubiologisch gestaltete dreistöckige Verwaltungsgebände der Firma Time/System trägt zur Senkung des Krankenstandes um 30% bei. Mit diesen Objekten wurde ein Beitrag geschaffen, mit dem gezeigt werden kann, daß ökologisches Bauen sich nicht nur volkswirtschaftlich sondern auch betriebswirtschaftlich rechnet.
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